"Whistleblowing" klingt nach Großkonzern? Nein, das war mal. Seit der EU-Whistleblower-Richtlinie müssen auch viele "kleinere" Unternehmen Hinweisgeber-Systeme einführen.
Mit der Verabschiedung des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) am 12. Mai 2023 wurde ein wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz und Sicherheit getan.
Basierend auf den EU-Whistleblower-Richtlinien von 2019 bietet das Gesetz Hinweisgebern endlich einen klaren rechtlichen Rahmen und wirksamen Schutz.
Doch was genau steckt hinter diesen Bestimmungen, welche Unternehmen sind verpflichtet, anonyme Meldekanäle (Hinweisgeber-Portale) einzurichten und warum sind sie so wichtig?
In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf die zentralen Regelungen und ihren Nutzen – für Hinweisgeber, Unternehmen und die Gesellschaft.
Das erwartet mich in diesem Beitrag ...
- Was ist ein Hinweisgeber (Whistleblower)?
- Hinweisgeberschutzgesetz und seine Merkmale
- Die EU-Whistleblower-Richtlinie - Ein wichtiger Schritt für das Hinweisgeberschutzgesetz
- Hinweisgeber-System-Pflicht: Welche Unternehmen sind verpflichtet und was droht bei Nichteinhaltung?
- Fazit: Kultur der Offenheit
- Hinweisgeberportal für Ihr Unternehmen in der Praxis
Bevor wir uns diesem neuen Gesetz widmen, ist es gut, zunächst zu wissen, was ein Hinweisgeber oder auch “Whistleblower” überhaupt ist.
Was ist ein Hinweisgeber (Whistleblower)? 
Hinweisgeber sind Menschen, die auf Missstände in Unternehmen oder Behörden aufmerksam machen – oft ist das mit einem hohen persönlichen Risiko verbunden.
Sie bringen den Mut auf, interne Probleme an die Öffentlichkeit zu tragen, um Veränderungen anzustoßen.
Doch das hat nicht selten einen hohen Preis: Repressalien am Arbeitsplatz, berufliche Nachteile oder sogar rechtliche Konsequenzen sind mögliche Folgen.
Whistleblowing: Vielfältig und unverzichtbar
Whistleblowing kann in vielen Bereichen auftreten – nicht nur in der großen Politik oder bei internationalen Skandalen.
Namen, wie Edward Snowden, stehen stellvertretend für diese mutige Rolle, doch nicht jede Geschichte landet gleich in den Schlagzeilen.
Whistleblowing - Bereichen:
- Wirtschaftsunternehmen
- Politik
- Verwaltung
- Behörden
Bekannte „Whistleblower“ in der Öffentlichkeit:
- Edward Snowden
- Julian Assange
- Chelsea Manning
Hinweisgeberschutzgesetz und seine Merkmale 
Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) wurde geschaffen, um Hinweisgeber in Deutschland besser zu schützen.
Es sorgt dafür, dass Menschen, die Missstände melden, nicht mehr mit den negativen Konsequenzen alleine dastehen.
Was steckt hinter dem Gesetz?
Hier sind einige der wichtigsten Merkmale des Gesetzes:
- Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen
Das Gesetz verbietet es Arbeitgebern, Hinweisgeber zu benachteiligen, zu diskriminieren oder zu sanktionieren.
Dadurch soll sichergestellt werden, dass Whistleblower keine Nachteile erleiden, wenn sie Missstände melden bzw. dass die Meldungen nicht zur persönlichen Bestrafung führen dürfen. - Interne Meldekanäle
Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern sind verpflichtet, anonyme und sichere Meldewege einzurichten (notwendig seit 17.12.2023)), über die Hinweisgeber vertraulich und anonym Missstände melden können.
Die Identität des Hinweisgebers muss geschützt bleiben, es sei denn, der Hinweisgeber gibt ausdrücklich seine Zustimmung zur Offenlegung.
Das erlaubt Hinweisgebern, sich zu äußern, ohne persönliche Risiken einzugehen. - Externe Meldestellen
Für Unternehmen mit mindestens 250 Mitarbeitern oder öffentliche Stellen ist die Einrichtung (notwendig seit 12.05.2023)) einer externen Meldestelle vorgeschrieben.
Diese Stellen nehmen Hinweise entgegen und gewährleisten den Schutz der Hinweisgeber. - Schutz der Identität
Anonymität ist das oberste Gebot.
Das Gesetz schützt die Identität von Hinweisgebern vor unerlaubter Offenlegung. Informationen, die die Identität eines Hinweisgebers preisgeben könnten, dürfen nicht weitergegeben oder verwendet werden.
Wer muss ein Hinweisgeber-Portal einrichten - Ein Überblick
Unternehmen (unabhängig von ihrer Branche):
- ab 250 Mitarbeitern:
Pflicht seit 17. Dezember 2021 - mit 50–249 Mitarbeitern:
Pflicht seit bis 17. Dezember 2023
Branchen (unabhängig von der Größe), wie:
- Finanzdienstleister, Versicherungen
- Energie- und Wasserversorgung
- Öffentliche Institutionen
Pflicht für Hinweisgeber-Portal - Was droht Unternehmen
Unternehmen, die kein Hinweisgeber-System einrichten, obwohl sie dazu verpflichtet sind, müssen mit spürbaren Konsequenzen rechnen.
Die können potenziell erhebliche Auswirkungen auf das Unternehmen haben.
Bußgelder
In Deutschland können hohe Geldstrafen verhängt werden.
Die genauen Summen variieren je nach Bundesland, bewegen sich jedoch häufig im Bereich von mehreren tausend Euro pro Verstoß.
Imageverluste
Öffentlich bekannt werdende Verstöße gegen die Whistleblower-Richtlinie können das Vertrauen von Mitarbeitern, Geschäftspartnern und Kunden nachhaltig schädigen.
Ein schlechter Ruf aufgrund von Regelverstößen kann schwer wiedergutzumachen sein und sich langfristig auf Kundenbeziehungen, Mitarbeitermotivation und Marktposition auswirken.
Rechtliche Konsequenzen
Unternehmen könnten auch zivilrechtlich haftbar gemacht werden, wenn Hinweisgeber wegen fehlender Schutzmaßnahmen Nachteile erleiden.
Eingeschränkte Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen
Unternehmen ohne Hinweisgeber-System riskieren, von Ausschreibungen ausgeschlossen zu werden, insbesondere bei EU-finanzierten Projekten.
Ein fehlendes System ist also nicht nur rechtlich riskant, sondern auch wirtschaftlich unklug.
Vorteile eines freiwilligen Hinweisgeber-Systems
Wenn Ihr Unternehmen weniger als 50 Mitarbeitende hat und keiner regulierten Branche angehört, sind Sie von der Pflicht zur Einführung eines Hinweisgeber-Systems ausgenommen. Dennoch kann es sinnvoll sein, ein solches System freiwillig einzuführen.
- Vertrauen stärken: Ihre Mitarbeiter wissen, dass sie heikle Themen anonym ansprechen können. Das stärkt das Vertrauen in die Unternehmensführung.
- Probleme frühzeitig erkennen: Missstände können identifiziert und behoben werden, bevor sie größere Auswirkungen haben.
- Image stärken: Freiwillige Maßnahmen zeigen Verantwortungsbewusstsein und fördern ein positives Unternehmensimage. Und das kommt intern und extern gut an.
- Zukunftssicherheit: Sollte Ihre Mitarbeiterzahlen wachsen oder neue gesetzliche Vorgaben hinzukommen, sind Sie bereits bestens vorbereitet.
Auch wenn sür Sie aktuell keine Pflicht besteht, ein Hinweisgeber-Portal einzurichten, kann es eine gute Gelegenheit sein, die Weichen für eine transparente und zukunftsorientierte Unternehmenskultur zu stellen.
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Die EU-Whistleblower-Richtlinie
Hintergrund der EU-Whistleblower-Richtlinie
Whistleblower hatten es in der Vergangenheit oft schwer:
Vergeltungsmaßnahmen, Verleumdungsklagen und persönliche Angriffe waren keine Seltenheit.
Trotz ihrer entscheidenden Rolle für die Aufdeckung von Missständen standen sie oft alleine da, ohne ausreichenden rechtlichen Schutz..
Um diese Situation zu ändern und das öffentliche Interesse zu wahren, verabschiedete die Europäische Union im Jahr 2019 die EU-Whistleblower-Richtlinie.
Und zwar mit dem Ziel, Hinweisgeber in der gesamten EU besser zu schützen und ihnen einen sicheren Rahmen für ihre Meldungen zu bieten.
Merkmale der EU-Whistleblower-Richtlinie
Die Richtlinie umfasst zentrale Bestimmungen, die einen einheitlichen und wirksamen Schutz gewährleisten sollen.
Hier die wichtigsten Punkte:
- Breiter Anwendungsbereich
Die Richtlinie gilt für Unternehmen im privaten Sektor mit mehr als 50 Beschäftigten sowie für öffentliche Behörden und Einrichtungen auf nationaler und regionaler Ebene. Dadurch wird sichergestellt, dass Hinweisgeber in einer Vielzahl von Branchen und Bereichen geschützt sind.
- Klare und vertrauliche Meldekanäle
Unternehmen und Organisationen müssen sichere und leicht zugängliche Meldekanäle bereitstellen.
Diese ermöglichen es Hinweisgebern, Missstände vertraulich und anonym zu melden, während ihre Identität geschützt bleibt.
- Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen
Die Richtlinie verbietet jegliche Form von Repressalien,, wie Kündigungen, Schikanen oder Diskriminierung.
Arbeitgeber sind verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um solche Vergeltungsmaßnahmen zu verhindern und abzuschrecken.
- Unterstützung und Beratung
Hinweisgeber haben Anspruch auf Unterstützung in rechtlicher, psychologischer oder finanzieller Form.
Dadurch soll sichergestellt werden, dass sie nicht alleine gelassen werden und ihre Meldung ohne Angst vor persönlichen Nachteilen machen können.
Auswirkungen der EU-Whistleblower-Richtlinie
Die Richtlinie hat das Potenzial, den Schutz von Hinweisgebern in Europa grundlegend zu verbessern.
Sie schafft einen einheitlichen Rechtsrahmen, der nicht nur die Hinweisgeber schützt, sondern auch eine Kultur der Offenheit und Transparenz fördert.
Dies stärkt nicht nur die Rechte von Einzelpersonen, sondern trägt auch dazu bei, Missstände frühzeitig aufzudecken und zu beheben.
Fazit: Verantwortung, die Anerkennung und Schutz verdient
Oft sind es Beschäftigte, die Missstände als Erste erkennen und durch ihre Hinweise erheblich dazu beitragen, dass Rechtsverstöße aufgedeckt, untersucht und unterbunden werden.
Indem sie Probleme ansprechen, übernehmen Hinweisgeber eine Verantwortung, die der gesamten Gesellschaft zugutekommt.
Damit sie diesen Mut auch weiterhin aufbringen, ist es unerlässlich, sie zu schützen – vor Nachteilen, vor Angst und vor Isolation.
Denn letztlich profitieren wir alle von mehr Transparenz und Fairness.
Quellen: