Bei der Gestaltung einer Website neigen wir oft dazu, zu viele Informationen und Eindrücke auf einmal zu präsentieren. In unserem Streben nach "mehr" und "lauter" vergessen wir oft das Wichtigste:
Der User ist ein auch nur Mensch und seine Wahrnehmung ist begrenzt.
Was passiert in unserem Gehirn und wo liegen unsere Grenzen?
Wie gestalte ich "sinnvoll" (also unter Berücksichtigung unserer Sinne)?
Wie verpacke ich die Informationen so, dass meine User sie auch verarbeiten können?
Was ist eine gelungene Nutzererfahrung?
In diesem Beitrag erfahren Sie, worauf es beim Webdesign wirklich ankommt, und erhalten hilfreiche Tipps und praktische Beispiele von einer Designerin, die sich tagtäglich und ausgiebig mit diesen Themen beschäftigt.
- Warum unser Gehirn wählerisch ist
- Der Eisberg-Effekt - Wie wir Entscheidungen treffen
- Gestaltungsprinzipien – Wie gutes Webdesign uns unbemerkt lenkt
- Wahrnehmung im Webdesign: Praktische Tipps für klare Nutzerführung
Die magische Zahl 7
Visuelle Sprache - Wenn Kaffee zu uns spricht
Abstraktionsgrad - Zwischen Liebe zum Detail und Abstraktion mit Herz - Fazit: Das Geheimnis guten Webdesigns
- Kontakt
Aus dem Alltag einer Designerin ...
Wenn ich mich mit unseren Kunden über ihre Vorstellungen & gestalterischen Vorgaben für Ihre Website austausche, habe ich manchmal das Gefühl, sie sind in einem regelrechten Shopping-Rausch für die angesagtesten Stücke aus dem digitalen Ästhetik-Sortiment.
Das klingt manchmal in etwa so:
"Also, ich hätte gerne überall Animationen, Slideshows, und die ganzen Elemente von den aktuellen Trendseiten.
Die Inhalte? Keine Ahnung, da denk ich noch drüber nach.
Ach ja, jede Unterseite sollte übrigens dann komplett anders aussehen ..."
In solchen Momenten lehne ich mich zurück, atme tief durch und versuche meinem Gegenüber begreiflich zu machen, dass seine Website kein überambitioniertes Kunstprojekt ist (es sei denn, es ist eins :-)).
Vielmehr geht es darum, eine einladende Online-Präsenz zu schaffen, klare Ziele zu verfolgen und den Nutzer nicht mit einer unüberschaubaren Informationsflut zu überfordern.
Was wir uns vorstellen
Wie es wirklich ist
Wahrnehmung am Limit – Warum unser Gehirn wählerisch ist
Unsere Wahrnehmung ist ein komplexes Zusammenspiel aus Reizaufnahme, Verarbeitung und Bedeutungsgebung.
Täglich prasseln zahllose Eindrücke auf uns ein – viel zu viele, um sie alle bewusst aufzunehmen.
Also filtert unser Gehirn gnadenlos, lässt nur das Wesentliche durch und schützt uns so vor kognitiver Überlastung (engli. cognitive overload dazu gleich mehr).
Wir merken schnell, wenn wir an die natürlichen Grenzen dieser Filter stoßen:
Wir fühlen uns überreizt, ja sogar etwas gereizt, die Aufmerksamkeit schwindet, und das Kurzzeitgedächtnis macht schlapp.
Ein Reminder, wie wichtig es ist, unsere Sinne gezielt einzusetzen und Pausen für den Kopf einzuplanen.
Was ist kognitive Überlastung?
Kognitive Belastung beschreibt die mentale Kraft, die unser Arbeitsgedächtnis beim Verarbeiten von Informationen aufbringt.
Unsere Wahrnehmung ist nicht ohne Grund aufs Wesentliche getrimmt.
Evolutionär hat unser Gehirn gelernt, gefährliche Reize sofort zu erkennen und Nebensächliches auszublenden.
Damals war es das Knurren eines Raubtiers in der Wildnis.
Heute filtert es z. B. beim Lesen die Worte im Buch und ignoriert den Lärm drumherum.
Oder blendet beim Autofahren Plakatwände aus, damit wir uns mehr auf den Verkehr konzentrieren.
Unser Gehirn ist also nicht "faul" – im Gegenteil: Es setzt Prioritäten, damit wir schneller reagieren können und nicht von jedem Reiz überrannt werden.
Kognitive Überlastung passiert, wenn unser Gehirn mehr Informationen verarbeiten soll, als es in einem bestimmten Moment bewältigen kann.
Das passiert uns im Alltag oder bei der Arbeit, z. B. durch zu viel Multitasking oder wenn zu viele Entscheidungen auf einmal getroffen werden müssen.
Wie ein Rechner, der langsamer wird oder überhitzt, bis er womöglich abstürzt, wenn er kontinuierlich zu viele Informationen speichern, abrufen und verarbeiten soll.
Anzeichen für kognitive Überlastung
- Vergesslichkeit: man kann sich nicht merken, was gerade gesagt wurde.
- Fehleranfälligkeit: Kleinigkeiten werden übersehen, wichtige Punkte vergessen.
- Stress: Das Gefühl, ständig hinterherzulaufen und nicht anzukommen.
- Erschöpfung: man fühlt sich, als sei man einen (Gehirn-)Marathon gelaufen.
In der digitalen Welt, etwa bei UX/UI-Design, ist kognitive Überlastung ein echter Killer. Wenn die Nutzer mit zu vielen Infos oder verwirrenden Interfaces überfordert sind, klicken sie schneller weg, als Sie „Conversion-Rate“ sagen können.
Der Eisberg-Effekt: Warum Entscheidungen mehr verbergen als enthüllen
Unsere Entscheidungen wirken vielleicht klar und bewusst. Doch was wir sehen, ist nur ein kleiner Teil des Ganzen.
Unter der Oberfläche verbirgt sich ein riesiges Geflecht aus unsichtbaren Einflüssen: persönliche Erfahrungen, Werte, Emotionen und unzählige unbewusste Mechanismen.
Die verborgene Macht unserer Entscheidungen
Diese tief liegenden Motive sind der unsichtbare Teil des Eisbergs. Sie formen und steuern unser Verhalten, oft, ohne dass wir es merken.
Warum greifen wir zu einem bestimmten Produkt?
Warum ziehen uns bestimmte Ideen oder Menschen an?
Ob in Marketing, Design oder zwischenmenschlicher Kommunikation - wir entscheiden nach Glaubenssätzen, die tief in uns verwurzelt sind, und emotionalen Auslösern, die uns lenken.
Gestaltungsprinzipien – Wie gutes Webdesign uns unbemerkt lenkt
Die Gestaltpsychologie verrät, wie unser Gehirn visuelle Eindrücke organisiert – nämlich mit einer einfachen Regel: Übersicht schaffen, Chaos vermeiden.
Unser Gehirn mag's simpel - Formen, Farben und klare Botschaften
Daher wirken z. B. minimalistische Designs mit viel Weißraum einladend auf unser Gehirn.
Ein klarer Fokusbereich lässt uns intuitiv wissen, wo die wichtigen Infos stehen.
Beispiel für minimalistische Website mit viel Weißraum:
Wir erkennen automatisch Muster und stellen Verbindungen zwischen ähnlichen Objekten her.
Unser Gehirn sortiert visuelle Reize in Kategorien oder „Schubladen“:
Kreise hier, Quadrate da. Blautöne ins eine Fach, Rottöne ins andere. Wie ein aufgeräumter Aktenschrank, in dem man den richtigen Ordner schnell findet.
Dieses unsichtbare Ordnungssystem funktioniert wie ein Wegweiser und sorgt dafür, dass wir uns intuitiv in der Welt zurechtfinden.
Schauen wir uns ein paar Ordnungsprinzipien an: